San Francisco und seine Piers

Mr. Ed führt uns gleich am ersten Abend zu Pier 45. Das sei Tradition, meint Christoph, und gehöre für ihn und Mr. Ed zum Ankommen in dieser Stadt. Wir landen bei einem Schnellimbiss, er bestellt ein Corona und Fried Calamares, ich entscheide mich für Shrimps und einen Orangensaft (wenigstens etwa Gesundes zu dem frittierten Essen). Wir machen es uns an einem Tisch hinter Plastikfolien und unter einer Heizlampe gemütlich und geniessen unser erstes Essen in San Francisco. Rund herum leuchten bunte Lichter und Schriftzüge: Seafood, crabs, Fisherman‘s- Grotto, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wir sind in Fisherman’s Wharf angekommen. Reichlich satt und mit ersten Eindrücken von dieser Stadt kehren wir ins Hotel zurück und sinken nach unserem 33 Stunden-Tag müde in unser Bett.

Am nächsten Tag machen wir uns auf die Suche nach Frühstück. Wir landen auf dem Gelände von der Ghirardelli Schokoladenfabrik, einer ehemals grossen Produktionsfirma. Der Gebäudetrakt beherbergt heute neben einer kleinen Schokolade-Produktion, eine Cheese-School, verschiedene Boutiquen, Weinprobe-Lokale und das sagenhafte Tearoom (siehe Frühstück mit Stäbchen). Wir stellen fest, dass nicht nur die Schweizer Meister in der Herstellung von Schokolade und Käse sind.

Nach dem Frühstück zieht es uns ans Ufer der San Francisco Bucht. Ein kleiner Sandstrand mit Badenden, Kindern, gealterten Campierern und Möwen. Nur ein paar Schritte weiter stehen wir mitten im  Schifffahrtsmuseum. Hier gibt es Dreimaster aus der Entdeckerzeit, Kriegsschiffe und andere alte Boote zu besichtigen. Wir schauen uns die riesigen Schiffe vom Pier aus an. Sie sind nicht Mr. Ed tauglich.

Weiter geht’s der Wharf entlang. Dieser Kai zieht sich über mehrere Kilometer der Bucht entlang und ist an einem Samstagnachmittag voller Leben: alle paar Meter ein Strassenkünstler, Musikdarbietungen, Puppenspieler, Tänzer, Verkäufer mit mobilen Küchen. Musikfetzen mischen sich, es riecht nach gebratenem Gemüse und Würsten und zusammen mit der ethnisch durchmischten Menge sieht es bunt aus wie in einem Hollywoodfilm. In einen solchen fühle ich mich auch hineinversetzt: Pretty women walks down the Street summt es in meinen Gedanken.

Bald erreichen wir Pier 39. Hier verdichtet sich die Menschenmenge und sie zieht einen Richtung Pier-Mitte: ich muss mir den Weg durch die Menge bahnen um zu sehen, was auf vielen Plakaten angekündigt worden war: auf Holzstegen kämpfen, balzen, schlafen, sonnen sich Seelöwen. Hunderte! Sie veranstalten einen Tumult und einen Riesenkrach mit ihrem vielstimmigen Oink-Oink. Sie haben ihre Geschichte hier auf diesem Pier in San Francisco. Sie kamen zum ersten Mal nach dem grossen Erdbeben von 1989. Damals waren es nur wenige. Mit jedem Jahr wurden es mehr und man liess sie gewähren. Später waren sie wegen ihres Krachs unbeliebt bei den Restaurantbesitzern rund um den Pier, doch wurden Vereinbarungen getroffen und heute stehen die Seelöwen unter Schutz und sind eine Touristenattraktion geworden.

Der eigentliche Pier 39 besteht aus einer langen Doppelreihe Holzhäusern auf zwei oder drei Stockwerken, die Läden mit Schmuck, Andenken und Schleckereien oder kleine Restaurants und Bistros beherbergen. Am Wochenende scheint dieser Pier ein Anziehungspunkt zu sein.

Da die Wharf noch nicht zu Ende ist, spazieren wir weiter. Es wird etwas ruhiger. Die Anlegestellen für die riesigen Kreuzfahrtschiffe wechseln sich mit dem Meeresaquarium, das Haie beherbergen soll, Schiffswerkstätten, dem Exploratorium, das uns an das Winterthurer Technorama erinnert, und vereinzelten kleinen Restaurants ab. Überrascht entdecke ich auf einem Dach eine Schweizerfahne. Christoph nimmt an, es sei das Zeichen für das Amerikanische Rote Kreuz. Mr. Ed führt uns zu einer grossen SBB-Standuhr. Ein unverkennbares Zeichen. Daran sind Tafeln mit Hinweisen auf das Schweizerische Konsulat und eine Schweizer Firma festgeschraubt.

Am Ende der Wharf befindet sich der Pier 1. Hier steht das Ferry Building ein grosses Gebäude mit Turm, das nach dem Brand als Folge des Erdbebens 1906 wieder aufgebaut wurde. Es ist von einem Palmenhain eingerahmt und beherbergt noble Restaurants.

Wir kehren wieder um und machen uns auf die Suche nach einer Stärkung. Fündig werden wir bestimmt, es gibt genügend Auswahl und Möglichkeiten auf den Piers von San Francisco.