Von Vancouver nach Whistler

Pünktlich um 7.10 Uhr werden wir von einem etwas griesgrämigen Taxifahrer abgeholt. Er will uns nach North Vancouver fahren, wir aber sagen ihm, dass wir zur Trainstation vom Rocky Mountaineer müssten. Er informiert seine Zentrale und beschwert sich über die falsche Information. Als wir an der Trainstation ankommen, ist das Eingangstor verschlossen. Das Taxi fährt durch eine Einbahnstrasse zum Eingang. Niemand ist zu sehen, bis auf eine mit ihrem iPhone beschäftigte Frau. Als sie uns sieht, springt sie auf und informiert uns, dass der Mountaineer in der kurzen Formation von der Station in North Vancouver aus startet. Das Gesicht des Fahrer verfinstert sich wie der Himmel bei einer herannahenden Gewitterfront. Zum Glück haben wir noch nichts ausgeladen! Die Zeit drängt langsam, der Fahrer gibt Gas. Er beklagt sich bei der Zentrale und gibt seinem Unmut freien Lauf. Dabei scheint seine grösster Kummer der finanzielle Ausgleich seiner längeren Fahrt zu sein. Christoph sieht es viel locker: Nun weiss ich wenigstens, wie ich zukünftig gratis zu einer Stadtrundfahrt komme. Hm … Wie oft sich dies wohl bewerkstelligen liesse? Aber das ist ja nicht das Thema hier.

Endlich landen wir am richtigen Bahnhof. Grosszügig strecke ich dem Fahrer 20$ Trinkgeld für die Umstände hin. Er nimmt das Geld und meint mit unzufriedenem Gesicht: das sei zuwenig, es koste 37$ … By the way: er wird ordentlich von der Mountaineer Gesellschaft bezahlt.

Um so herzlicher werden wir nun von der Rocky Mountaineer Crew begrüsst. Jeder der erfährt, dass wir schon im letzten Jahr mitfuhren, strahlt noch eine Nuance mehr und ruft begeistert: Welcome again!

Nachdem auch Christoph und Mr. Ed via Hebelift im Zug ihren Platz gefunden haben, kann’s losgehen.

Wir fahren über Brücken, durch grüne Baumkanäle, an tiefen Schluchten mit eisblauem Wasser vorüber. Kanada hat uns wieder! Vertraute Bilder mischen sich mit neuen, die Landschaft ist zum Teil ähnlich wie bei der letzten Zugsfahrt und doch auch ganz anders. Die schier unendliche Landschaft, der grüne Baumteppich bis zum Horizont. Diesmal sind wir auf den Spuren der Goldgräber, die sich durch die engen Schluchten vorgekämpft haben, um ihr vermeintliches Glück zu finden.

Am Mittag erreichen wir unser heutiges Ziel: Whistler. Ein Dorf, das durch die olympischen Winterspiele Vancouver 2010 einen enormen Boom erlebt hat. Zahlreiche Gondelbahnen und Skilifts transportieren im Jahr 3,5 Millionen Besucher, Wanderer, Skifahrer oder Mountainbiker auf die umliegenden Berge. Breite Waldschneisen deuten auf die winterlichen Skipisten hin, jetzt sind die Hügel zum Teil braun von den Mountainbike-Trails.

Whistler liegt in einem wunderschönen Hochtal, ist von riesigen Parks und zahlreichen Wander- und Fahrradwegen umgeben. Ein grünes Paradies.

Wir sind an einem Samstag hier und zudem am letzten verlängerten Wochenende dieses Sommers, wie uns unsere Hosts erzählen. Entsprechend voll sind die Wege um und die Strassen in Whistler.

Wir wollen dem Dorf einen Besuch abstatten, doch bald müssen wir feststellen, dass dies so gar nicht unsere Welt ist, und wir fühlen uns hier nicht besonders wohl. Die Hotelbauten und Geschäfte scheinen wie aus dem Boden gestampft. Es reihen sich Restaurants an Pizzerien, Sportbekleidungsgeschäfte an Mountainbike-Verleiher. Menschentrauben stehen vor den Gondelbahnen an. Wir beschliessen, zurück ins Hotel zu gehen. Unterwegs stehen wir plötzlich inmitten eines Farmer Markets. Etwa ein Dutzend Marktstände bieten Eigenprodukte aus der Umgebung an. Wir lassen uns treiben und sind froh, neben den Parks doch noch eine ansprechende Seite von Whistler gefunden zu haben.