Von Jasper nach Banff

Der neue Tag begrüsst uns mit blauem Himmel und warmen Sonnenstrahlen. Gänzlich andere Voraussetzungen als bei unserer letzten Fahrt durch die Rockies im letzten Oktober (Regen und Schneefall).

Nachdem der Swiss Trac problemlos über seine improvisierte Rampe ins Auto fährt, Mr. Ed und unsere Koffer im Auto verstaut sind, kann’s losgehen.

Zuerst fahren wir nach Jasper. Tim Hortens ist unser Gastgeber fürs Frühstück. Er ist bekannt für den besten Kaffee Kanadas, red rose Tee und feine heisse Schokolade, für verführerisches, sehr süsses kanadisches Gebäck: Cookies so gross wie Kaffeeteller, Donuts in allen Variationen: mit Honig, Butter, Zuckerguss; Croissants, Muffins, Zimtschnecken, Dänischer Plunder … Und frisch gepresster Orangensaft. Ich jongliere mit Tüten, randvollen Bechern und Saft zurück zum Auto, und wir schlemmen auf gutbürgerlich kanadische Art im Auto (so ersparen wir mir das erneute Ausladen von Mr. Ed und Christoph das für ihn aufwändige Transferieren).

Frisch gelabt und mit viel Zuckergeschmack im Mund starten wir Richtung Banff. Unsere Fahrt ist einmal mehr unvergleichlich schön. Die felsigen Kolosse ziehen an uns vorüber, die markanten schiefergrauen Felswände werden von der Sonne beleuchtet und erheben sich majestätisch vor dem blauen Himmel. Zu ihren Füssen die unendlichen Fichtenwälder, dazwischen die eisblauen oder grünlichen Flüsse … Schwierig, diese Naturschönheiten zu beschreiben!

Wir gewinnen unermüdlich an Höhe. Deutlich sieht man bis in welche Klimazonen sich der Beetle, der Holzwurm, wohlfühlt. Die Bäume sind ab 1200 Höhenmetern durchgehend grün. Es wird kühler und kühler. In Jasper zeigte das Aussenthermometer 22 Grad an, nun auf 1900 Metern gerade noch 10. Wir fahren am berühmten Columbia Icefield vorbei. Es war einst ein eindrücklich grosses Eisfeld, das aus acht einzelnen Gletscher besteht. Mit Erschrecken sehen wir, um wie viele hundert Meter und um wie viel Masse diese in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen sind. Die verbleibenden Eisfelder grenzen an die Felslandschaften, wovon sie sich zurückgezogen haben.

Die Strasse folgt der Berg- und Tallandschaft, mal sehen wir, wie sich die Strasse in der Weite eines Tales verliert, manchmal sind wir einfach nur neugierig, was wir hinter der nächsten Kurve antreffen werden. Auch hier wechseln die Landschaftsbilder immer wieder.

Unsere nächste Station ist der Peyto Lake. Vom Parkplatz führt ein steiler Weg hinunter auf eine kleine Aussichtsplattform. Während dem ich neben Mr. Ed und Christoph hergehe, übrigens benimmt sich Mr. Ed hochanständig und hält sich an die Tempolimite, die ihm Christoph vorgibt, frage ich mich, ob ich es schaffen werde, die beiden wieder diesen Berg hinauf zu schieben. Meine Gedanken werden von der genialen Aussicht unterbrochen. Vor uns in der Tiefe liegt der Peyto Lake, ein Gletschersee der zwischen hohen Bergen eingeschlossen da liegt. Das Besondere ist seine Farbe: petrolblau-grün-türkis-blau trifft es nicht annähernd. Die Berge und Wolken spiegeln sich in ihm, was noch mehr Farbnuancen hervorzaubert. Dahinter sieht man den Gletscher, der den See speist. Auch dieser scheint sich stark zurückgezogen zu haben. Am Ende des Sees verlieren sich die Bergketten in der Ferne. Da fühle ich mich einmal mehr auf dieser Reise als kleines unbedeutendes Salzkorn und Teilchen der grandiosen Schöpfung.

Eine sehr nette und unvergessliche Bekanntschaft mache ich auf der Plattform. Ein Chipmunk turnt auf einer Sitzbank herum und kümmert sich herzlich wenig um die Touristen. Ich knie etwas entfernt auf dem Boden, beobachte und fotografiere das herzige Tierchen. Plötzlich springt das Chipmunk von der Bank und trippelt in meine Richtung. Es kommt näher, zögert kurz, kommt noch näher. Hoffentlich schlüpft es mir nicht unter meinen Rock, einer meiner Gedanken. Da bleibt es stehen und beginnt an den Brosamen neben mir auf dem Boden zu knabbern. Ich halte mich ganz still und sehe dem Wicht bei seiner Mahlzeit in ca. 15 cm Entfernung zu. Als eine Horde Touristen kommt, huscht mein kleiner Freund ins nächste Gebüsch.

Der Mond steht schon über den Bergen, als wir nach Banff aufbrechen. Ach ja, das Stossen den Berg hinauf wird mir von einem charmanten, starken jungen Mann abgenommen, der locker joggend Mr. Ed samt Christoph zurück auf den Parkplatz bringt. So sind die Kanadier: hilfsbereit und herzlich.