Kalt und langweilig. Von wegen!

Im Vorfeld meiner Reise habe ich immer wieder die Frage zu hören bekommen, ob’s denn in Alaska nicht kalt und auf einem Schiff langweilig sei. Beide Fragen kann ich klar mit nein beantworten. Erstens bin ich noch nicht in Alaska, sondern erst auf dem Weg dorthin und zweitens zeugen ein ungesunder Sonnenbrand an den Armen und ein gut gefärbter Kopf (der mich wohl wieder als südländischen Typ aussehen lässt) von den aktuell herrschenden Wetterverhältnissen. Die Aussichten sind übrigens sehr gut, obwohl es sicher noch ein paar Grad kühler wird. Aber der Lachs hält besser, wenn er nicht schon gewärmt gefischt wird.

Langeweile ist auch kein Thema. Es gibt wohl keine Minute, in der nicht irgendeine Aktion läuft. Eine Show, Bingo, Vorträge, Wellness (ohne nasse Socken, ausser…) oder aber Kino unter freiem Himmel. Open air-Kino auf hoher See. Ja, der Sonnenbrand stammt vom Kinonachmittag, weil es so schön war und der Film (Mamma mia) so schön kitschig. Die Stimmung gut, der Drink kühl und die Sonne angenehm wärmend. Was will man mehr?
Kann es sein, dass da einer ob des schönen Wetters ein wenig gemein zu den im Regen Daheimgebliebenen ist? Gut, ich könnte ja einfach auf Bilder verzichten. Sonne, blauer Himmel und eine leichte Seebrise zur Abkühlung. Ich habe Postkartenwetter ohne eine Karte kaufen und schreiben zu müssen. Und ich spare mir damit auch die Suche nach dem Briefkasten respektive dem Postschiff.

Ich habe schon darüber geschrieben, dass es Leute gibt, die mit mir Mitleid haben. Auch unter den Mitreisenden hat es etliche, die mir auf die Schulzer klopfen und mir Mut zusprechen wollen. Und sie sind dann überrascht, dass ich strahlend durch die Gegend fahre. Ich habe alle Vorteile auf meiner Seite; und einen Nachteil. Ich werde nicht müde vom Herumlaufen, vom Suchen des richtigen Weges (manchmal ist das Schiff wie ein Labyrinth), man bringt mir die Getränke an den Platz, und ich könnte (Betonung auf könnte) so viel auf den Teller schöpfen, dass die Waage mit jedem Tag der vergeht, ein weiteres Kilogramm anzeigen würde. Im Lift halten sie mir die Türe auf (die wissen gar nicht wie schnell ich sein kann), machen mir Platz, fragen, wo ich raus will und staunen mich respektive meinen Rolli an. Ja, es sind wahrlich unbeschwerte Momente. Witzig ist auch das Personal. Ein zweiter Koch hat mich wiedererkannt und wollte mir nun unbedingt seinen Spezialburger auf dem Sonnendeck braten. Was hat der Mann aus Indien gestrahlt, als ich wirklich seinen Burger probieren wollte (war wirklich fein). Oder Amith vom Gästeservice, der sich meine Klagen wegen der Kabine anhören musste. Es ist das, was das Leben ausmacht. Geschichten. Hinter jedem Gesicht sind Geschichten. Mal positive, mal nachdenkliche, mal traurige. Sie verdienen ein wenig Aufmerksamkeit. Und ich sehe nun wirklich nie alle Gesichter. Aber in diesem Moment denke ich an all die Leute unter Deck, die einfach ihre Arbeit tun, damit ich es geniessen kann (und wieder saubere und trockene Socken habe).

Ich bin noch den Nachteil meines Rolli-Lebens ans Bord schuldig: ich verbrenne definitiv zu wenig Kalorien (oder ich esse zuviel)! Morgen stelle ich den Rolli hin und gehe eine Runde auf dem Promenadedeck (macht etwa 800 Meter Weg). Und übermorgen gehe ich eine halbe Stunde auf den Hometrainer (finde ich zwar blöd, auf dem Meer zu strampeln. Aber was sein muss, muss sein).

Stay tuned.

One thought on “Kalt und langweilig. Von wegen!

  1. Von Neid der Daheimgebliebenen bezüglich des schönen Wetters kann da überhaupt keine Rede sein, lieber Christoph. Denn wie Du weisst, kann man selbst in den Bündner Bergen einen Sonnen-
    brand auflesen!! Aber die positiven Erlebnisse mögen wir Dir von Herzen gönnen.
    Max & Myrta aus den besagten Bündner Bergen

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