Ein Lastwagen auf Reisen

Der Vortages-Ess-Marathon hat sich auf meinen Hunger ausgewirkt, so dass ich mich dazu entschied, das Frühstück auszulassen. Sicherlich keine schlechte Idee, sind Kreuzfahrtreisen immer auch ein Kampf Mann gegen Esslust. Man hat Zeit und überall sind Verlockungen, denen man nicht immer absagen kann. Warum auch, schliesslich ist die Reise „All-inclusive“. Für mein Gewichtsproblem nach der Reise übernimmt die Reederei keine Verantwortung und bezahlt mit somit auch keinen Aufenthalt in einem speziellen Sanatorium. Da kommt mir doch gleich eine Verkaufsidee in den Sinn: eine Versicherung gegen die Gewichtszunahme…

Der wichtigste Punkt auf meinem Tagesprogramm war der Transfer vom Hotel zum Hafen, wo mein Schiff bereits den frühen Morgenstunden im Hafen lag. Schon Tage vor der Reise habe ich mir dazu Gedanken gemacht, wie ich mit Rollstuhl, zwei Rucksäcken und einem Überseekoffer den eigentlich kurzen Weg (rund eine 3/4-Meile) selber bewältigen kann. Ich wollte nach Möglichkeit nicht wieder einen Rollstuhl-Verlad machen. Zude, und verstehe ich die Taxifahrer, stöhnen sie jeweils nur schon beim Anblick meines Materials. Google-Maps sei dank, dass man sich heute ein sehr gutes Bild machen kann. Und so war schnell klar, das schaffe ich. Und so hängte ich meine beiden Rucksäcke an den Stuhl und der Gehstock diente als Kupplung für den Rollkoffer. Zur Sicherung diente noch ein Seil. Und in dieser Konfiguration ging’s auf den Weg. Den Motoren an meinem Rolli sei dank, dass auch kleine Steigungen ohne Probleme gemeistert werden kann. Das einzige Handicap an diesem Mittag war das Wetter: schön, 25 Grad Celsius. Einfach viel zu gut für den Transfer. Aber was soll’s. Der Weg war das Ziel und schliesslich wartete Alaska auf mich. Nun, vielleicht oder eigentlich sicher kann es auf mich verzichten. Umgekehrt vielleicht weniger, schliesslich ist diese Kreuzfahrt der erste Höhepunkt meines USA-Aufenthalts.

Die Bewohner San Franciscos sind sich ja vieles gewohnt. Und trotzdem blieben die Leute stehen, schauten mich ein wenig ungläubig an und, wie es halt so üblich ist für die Amerikaner, sprachen mich an. Einem halben Dutzend erklärte ich die Technik, dem anderen, dass ich keine Hilfe benötigte. Am Hafen angekommen, konnte das Bild nicht krasser sein. Auf der Autovorfahrt stand eine Stretchlimousine mit gut gekleideten Leuten und da war ich mit meinem kleinen Lastwagen. Die gute Gepäckfrau machte mit mir aber definitiv das besser Geschäft: Koffer abkuppeln und auf ihr Gefährt verladen, 2 Dollar Trinkgeld. Bei der Stretchlimousine waren es geschätzte 10 Koffer für 5 Dollar. Rechne!

Det Check-In für mobilitätseingeschränkte Menschen geht einfach und alle helfen einem sehr schnell und stets mit einem Lächeln (typisch Amerikaner halt). Mit dem Vorteil stets einen eigenen Stuhl dabeizuhaben, lässt mich die lange Schlange vor dem Check-In für die anderen Gäste ein Schmunzeln entlocken. Nein, es ist keine Schadenfreude dabei. Eigentlich komisch, dass die Leute stets Mitleid mit meinet Situation haben. Ich sehe meine Vorteile sehr praktisch. Mühsam, aber es muss halt sein, ist die Sicherheitskontrolle und identisch mit dem Prozedere auf einem Flughafen. Aber auch das übersteht man, wenn auch mühsam mit zwei Rucksäcken am Rolli und einem Gehstock. Dieser blieb dann prompt liegen. Als ich es bemerkte, war das Schiff schon unterwegs. Aber für Leute wie mich gibt es den „Lost and found“-Service und so war ich am Abend wieder im Besitz meines Gehstocks.

Und ja, nach langem Anstehen vor einem Lift – schliesslich wollen 2’300 Passagiere erst in ihre Kabine und danach auf dem Schiffsrundgang möglichst keine Treppen steigen. Nach gefühlter Ewigkeit war dann auch ich in meiner Kabine und um eine Überraschung reicher. Leider einer negativen. Dazu aber mehr später.

Stay tuned.