Dänemark begrüsst uns mit einer orange glühenden Sonne, die im Wolkenmeer versinkt. Unter unserem Flugzeug wechseln Meeresarme und -buchten mit Inseln ab. Erinnerungen an «Ferien auf Saltkrokan» werden wach, ein Kinderbuch aus vergangenen Zeiten. Eine grosse Insel beeindruckt mich besonders. Sie scheint sich kaum aus dem Meer zu erheben und ich stelle mir vor, was mit der Insel geschähe, wenn der Meeresspiegel um einige Zentimeter steigen würde.
Der Anflug auf Kopenhagen lässt das Meer immer näher kommen, Schaumkronen sind zu erkennen und es scheint, als würden wir im Meer landen. Doch nein, wir landen wohlbehalten in Kopenhagen. Was dann folgt, hat Christoph bereits beschrieben.
Am nächsten Mittag, Mittwoch, sind wir startbereit, um die Stadt zu entdecken. Wir sind uns einig über die Art unserer Entdeckungsreise. Christoph hat noch einige Erinnerungen von vor zehn Jahren, für mich ist Kopenhagen unbekannt. Kurze Orientierung auf dem Stadtplan. Wir nehmen uns zwei Ziele vor: den Nyhaven mit den bunten Häusern und die Einkaufsmeile im Stadtzentrum. Sonst lassen wir uns von unserer Neugierde treiben. Unser Weg führt uns einem Kanal entlang über eine breite Promenade. Wir sind wieder zu dritt unterwegs, doch ist der dritte im Bunde nicht mehr Mr. Er., der treue Begleiter von Christoph. Mr. Ed ist Ende 2019 in Pension gegangen und wird nun von einem jüngeren und moderneren Kollegen vertreten. In unseren Herzen und Gedanken ist aber Mr. Ed immer noch mit uns unterwegs. Seine Abenteuerlust bleibt unvergessen, umso mehr, da sein Nachfolger meist brav und in geordneten Bahnen hinter dem SwissTrac herfährt. Einen Namen hat der neue Begleiter von Christoph noch keinen. Vielleicht finden wir einen unterwegs oder vielleicht hat jemand von euch Lesenden eine Idee, wie wir Christophs Rollstuhl nennen könnten. Wir sind offen für eure Vorschläge und dem Gewinner winkt ein Foto- und Textbuch von unserer Kopenhagen-Südschwedenreise.
Doch nun zurück nach Kopenhagen mit Mr. Eds Nachfolger. Wir staunen über die Vielfältigkeit der Architektur: neben Häusern aus dem 17. Jahrhundert stehen modernste Glasgebäude, dann wieder Jugendstilhäuser oder alte Lagerhäuser, die geschickt zu Wohnhäuser umgebaut wurden.
Die Überraschung an diesem Nachmittag ist ein plötzlicher Wolkenbruch, der ohne Ankündigung auf uns niederprasselt. Wir suchen Schutz unter kaum vorhandenen Vordächern, ziehen im stürmischen Wetter den Regenschutz an. Zum Glück hört der Regen so schnell auf, wie er gekommen ist und wir können uns in der wärmenden Sonne trocknen lassen.
Wir steuern durch die enge Strasse im Nyhaven, Vorwärtskommen ist fast unmöglich. Menschenmassen wälzen sich durch die enge Strasse, die von Kneipen und Gourmet-Tempeln gesäumt wird. Die Häuser sind pittoresk, doch schaut man sie sich besser von weitem auf einer Brücke an. Wir sind froh, als wir dem Getümmel entkommen. Die Strassen werden breiter und eine farbige Seitenstrasse lockt mich und uns in Richtung Innenstadt. Bald erreichen wir die Fussgängerzone, mein Gefühl hat mich richtig geleitet. Wir treffen auf neue Menschenmassen, doch ist es hier für uns etwas einfacher vorwärts zu kommen, da die Strassen breit und die Plätze gross sind. Auch hier ist die Architektur ganz unterschiedlich, einmal muten die Häuserreihen grossstädtisch an, manchmal sind es einfache «Arbeiterhäuser» die die Strassen säumen. Alle haben aber etwas gemeinsam: im Untergeschoss sind sie für Touristen eingerichtet. Läden mit allem, was das Herz begehrt, bekannte Marken, Imbissbuden mit den sagenhaften Würstchen, die wir vom Flughafen kennen, oder Restaurants, die Moules, Hamburger, Pizzas oder Shrimps anbieten. Wir begnügen uns mit einer fruchtigen Limonade und dem Beobachten der vielen unterschiedlichen Menschen. Einige Menschen fallen uns besonders auf. Ich stelle unsere Glasflaschen in einen Abfallkübel und drehe mich ab, um ein Foto zu schiessen. In dieser Zeit kommt schon ein Randständiger mit seiner grossen Plastiktüte vorbei und sammelt die Flaschen und die sonstigen Blechbüchsen oder PET-Flaschen ein. Eine Möglichkeit für ihn und seine Kollegen zu ein wenig Geld zu kommen, in dem sie die gesammelte Ware zu den Sammelstellen bringen und das Depot dafür ausbezahlt bekommen. Einmal mehr wird uns das grosse soziale Gefälle einer Grossstadt deutlich vor Augen geführt.
Wir beschliessen, auf einem neuen Weg zurück zum Hotel zu gehen. Essen in einem Lokal mit einem Rollstuhlfahrer ist hier im Zentrum aussichtslos. Die meisten Lokale sind im Kellergeschoss und nur über Treppen erreichbar. Wir gehen, wie so oft in Kopenhagen, einem Kanal entlang, vorbei an alten Häusern, in denen früher Fisch verkauft wurde, am Nationalmuseum, das um diese Zeit schon geschlossen hat, an den Ställen des königlichen Gestüts vorbei und schliesslich am Museum für Architektur entlang, das unser Regenprogramm für morgen wäre. Müde, voller Eindrücke und zufrieden lassen wir uns am Abend von der recht deftigen, oft salzigen dänischen Küche verwöhnen.