Wenn einer eine Reise tut,

dann kann er etwas erzählen… Teil 2

Genug ist genug, dachte sich der Reisende und machte sich rollenderweise auf den Weg zum Kundendienst, sprich dem Front Desk. Amith, ein smarter Inder, nimmt sich der Wut und den Problemen an. Nach einem Augenschein in der Kabine ist auch im klar, dass einer erholsamen Kreuzfahrt ein paar Dinge und vor allem Wasser im Wege stehen respektive sich hartnäckig im Teppich halten. Auf die Aufforderung, mal in Socken durch die Kabine zu laufen, geht er nicht ein. Hat er Angst, seine sauber herausgeputzten und polierten Schuhe zu ruinieren?

We are so sorry. Schon wieder. Aber damit verdampft weder die schlechte Stimmung noch das Wasser aus der Kabine. Die Frage, ob der technische Dienst mittels Heissluftventilator die Kabine trocknen soll, kann aber nicht ernsthaft gedacht worden sein. Vielleicht war da bei Amith das Reden schneller als das Denken. Da kommt einem doch unweigerlich der Buchtitel von Beni Thurnheer in den Sinn: Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage.
We are so sorry. We must see, what we can do for you. Nur an diesem Abend geschieht nichts mehr, weil Amiths Chefin schon Feierabend hat. Was? Feierabend? Nein, von Feierabend sprach niemand. Aber von nicht mehr „on duty“. Macht nichts, hat gleichen Effekt. Also steht eine weitere feuchte Nacht bevor. Insistieren beim Reisebüro mittels E-Mail. Antwort des Reisebüros: Da das Schiff schon abgelegt hat, könne man nichts mehr machen. Super, dass das Schiff abgelegt hat, ist ja klar. Schliesslich stand in der E-Mail ans Reisebüro, dass man eine feuchte Nacht verbringen musste. Oder gibt’s im Angebot, Kreuzfahrten ohne Ablegen und demzufolge keinem Seegang? Man müsse sich direkt auf dem Schiff beschweren. Super, wozu braucht man überhaupt ein Reisebüro?
Am nächsten Tag geht die Show weiter. Amith sagt, sie hätten gerade ein Meeting. Es sei aber noch kein Resultat da. In einer Stunde wüsste man sicher. Also ab ans Frühstücksbuffet wenigstens den Bauch richtig vollschlagen.
Dann wieder zum Front Desk. Amith holt seine Chefin Christine. We are so sorry. Nun, das inzwischen allgemein bekannt und schon fast ein „running gag“. Sie hätten die Zentrale in Los Angeles kontaktiert und warten noch auf Antwort bezüglich Gutschrift. Zudem, sagt sie freudestrahlend, könne man eine andere Kabine anbieten. Fast mit direktem Zugang zum Lift. Das sei viel praktischer wegen des Rollstuhls. Egal, wenn nur der Teppich trocken ist. Ist er, weil er neu verlegt wurde. Also zügeln. Nicht selber, nein. Dafür sind gefühlte 20 Personen im Einsatz. Effektiv sind es nur drei, aber sehr effiziente Leute. Dann endlich trockener Teppich und Ruhe vor dem Heisslufttrockner. Dann steigern sie sich gewaltig: 250 Dollar auf dem Bordkonto und eine Flasche Wein für das Essen. Prima. Los Angeles hat entschieden. Endlich mal positive Nachrichten. Die 250 Dollar bedeuten einen Neustart mit einem kleinen Guthaben, weil die erste Frustflasche Wein und sonstige Bezüge sind schon auf dem Konto gebucht. Vom Wein wird man sich noch überraschen lassen können. Nun kann die Kreuzfahrt wirklich beginnen…